Der Schauspieler > Die Psalmen


In meinem Studio entstehen Produktionen aus unterschiedlichen Bereichen. Eine besondere Ehre und Freude ist für mich die Arbeit mit biblischen Texten, die mir persönlich sehr viel bedeuten.

Da ich die Bibel schon seit Jahren kenne, sind mir natürlich auch ihre dunklen Stellen vertraut, von denen nicht wenige in den Psalmen zu finden sind. Ich habe mich gewissermaßen an sie gewöhnt, so dass sie mir keine großen Probleme mehr bereiten.

Nun hatten natürlich einige meiner Kollegen, die jetzt diese Aufnahmen für Sie gemacht haben, viele Fragen – unter anderem auch zu den Passagen, in denen der meist subjektiv schreibende und betende Psalmist seinen Feinden eine grausame Bestrafung durch Gott an den Hals wünscht, sich immer wieder in ihrem Blut waten sieht und, im Psalm 137, sogar die kleinen Kinder seiner Unterdrücker “zerschmettern” will.

Wie passen diese so gar nicht frommen Wünsche in unser christliches Weltbild, ja zu den Worten Jesu, der uns dazu auffordert unsere Feinde zu lieben?

Mir ist dann, überaschender Weise, das Beispiel Davids eingefallen, der sich auch in vielen seiner Psalmen sehr emotional mit grausamsten Vokabeln (“ausrotten”, “vernichten”) bei Gott über seine Verfolger beschwert. David war wirklich kein durch und durch friedlicher Mensch, hat er ja als erst Heerführer und später als König Israels viele Kriege angeführt. Allerdings gibt er ein großes Beispiel von Gewaltverweigerung, als er drei Mal den damals noch amtierenden König Saul verschont, der ihm ständig aus Eifersucht nach dem Leben trachtet und David schon oft auf heimtückische Weise zu töten versucht hat.

Auf das Unverständnis seiner Gefolgsleute darüber antwortet David sinngemäß nur, dass es ihm, dem Diener Gottes, nicht zustehe, den gesalbten König Gottes anzutasten. Er vertraue auf Gott, den Herrn, der ihm schon beizeiten zu seinem Recht verhelfen werde.

Außerdem versucht er immer wieder sich Saul anzunähern und die alte Freundschaft lebendig werden zu lassen. Ohne Erfolg. Da sitzt David also irgendwo in den Bergen, auf der Flucht vor Saul, in einer Höhle, verzweifelt, in Todesangst – und dichtet seine Psalmen, in denen er für seine eigene Schuld um Vergebung bittet, Gott dankt für alles Gute, das er bisher erleben durfte und natürlich auch seine sich immer mehr aufstauenden Gefühle verabeitet.

Für mich erschien es auf einmal klar, dass diese Art des um Rache Betens eine wunderbare Möglichkeit ist, mit den tiefen, gefährlichen Gefühlen umzugehen, ja sie loszuwerden - indem man alles regelrecht an Gott abgibt. Nicht umsonst steht am Schluss der meisten Psalmen dieser plötzliche Stimmungsumschwung, diese dankbare, oft prophetische Gewissheit, dass Gott alles zum Guten wenden wird.

Also ist ein Gebet um Rache des gerechten Gottes (anders als ein Grübeln und Planen) eigentlich eine zutiefst pazifistische Handlung, in der der Beter seine dunklen Regungen nicht verdrängt, sondern sie ehrlich ausspricht – ohne jemanden dadurch zu schaden! Gott kann ich ja nicht überreden das Böse zu tun. Indem ich ihn bitte, unterwerfe ich mich aber seinem Maßstab, der sicher der beste ist und bin auch zufrieden mit einem unblutigen Ausgang.

So ähnlich argumentierend konnte ich die meisten meiner Kollegen davon überzeugen, dass hier in den Psalmen, nicht zu Gewalt aufgerufen wird, sondern uns, im Gegenteil, diese beste Möglichkeit gegeben ist mit Gewalt umzugehen und sie sogar auszulöschen; da wo sie ihren ursprünglichen Sitz hat: in unserer Seele.

Darüber hinaus stellen für mich als Christen einige Psalmen durch ihren prophetischen Charakter direkt ein Bindeglied zum Neuen Testament und dessen Geist von Jesu Opfer und Vergebung dar. Im Psalm 22 z.B., der in seiner zweiten Ebene die Kreuzigung Jesu beschreibt (viele Jahrhunderte vor Christi Geburt), wird das besonders deutlich.

Ich hoffe nun, dass Sie diese Aufnahmen mit Gewinn hören werden und wünsche uns allen Gottes Segen,
Ihr Philipp Schepmann

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